Dienstag, 25. August 2015

PBP 2015 - 3.Teil

Nach der 2. Nacht merkte ich so ab dem Nachmittag, das ich sehr konzentriert fahren musste. Ich griff z.B. vom Oberlenker auf Unterlenker, oder auch anders herum, sehr focusiert um, nur bei ungefährlicheren Situationen, also nicht bei schnellen Abfahrten oder sehr holprigen Straßenbelag. Ich hatte das Gefühl ein kurzer Moment der Unachtsamkeit gefährdet das Ankommen. Auch versuchte ich mich anzuspornen, mantra-artig immer wieder: sei konzentriert. Am späten Nachmittag kam dann nochmal eine gefährliche Situation, ich sah Leute am Rand, die gar nicht da waren und ich merkte, das ich kurz vor einem Sekundenschlaf war. Ich stoppte sofort und legte mich ins Gras und auch da reichten 10 Minuten Entspannung, um mit einem besseren Gefühl weiter zu fahren.
Inzwischen spekulierte ich schon mit meiner Ankunftszeit, habe ich mir doch ausgerechnet, das sogar die 60 Stunden wackeln könnten. Die Ernüchterung folgte dann schnell. Nach den letzten Kontrollstellen in der 3.Nacht fuhren ja kaum Fahrer weiter. Also bin ich oft alleine erstmal losgefahren, in der Hoffnung es kommen noch welche. Mit meinem Lichtsystem konnte ich kaum die ausgeschilderte Strecke finden. Zum Glück traf ich einen Franzosen mit dem ich sehr gut harmonierte. Ich entdeckte die Schilder schneller und er hatte ein super Lichtsystem, so dass wir sehr zügig fahren konnten bis zu einer sogenannten Geheimkontrolle, die sehr schwer zu finden war. Mit Hilfe einiger versprengter Randonneure fanden wir (GPS sei dank) die Kontrolle. Da verlor ich den Franzosen aus den Augen. Ich folgte einer Kleingruppe, die sich auch per GPS orientierten. Nun dachte ich, wir fahren vielleicht nur noch 1 Stunde nach Paris und ließ mich deshalb nicht von dem Tempo schocken. Ein unglaublich starker Belgier führte uns, irgendwann schaffte ich es gerade noch in seinem Windschatten zu bleiben. Hinter mir folgten zwei Ukrainer und ein Däne. Wir waren voll am Limit. Hindernisse konnte ich gar nicht mehr anzeigen, weil ich die Hände nicht vom Lenker nehmen konnte. Auch folgten sehr steile kurze Rampen, wo ich den kleinsten Gang meiner Kompaktkurbel brauchte. Der Belgier war ein 100 kg Kraftpaket mit mindestens doppelten Oberschenkelumfang. Meine Füße schmerzten und ich merkte einen Fußknöchel, doch der Gedanke an das nahende Ziel ließen einem die Schmerzen wegdrücken. Diese Hammerfahrt dauerte jetzt schon 2 Stunden. Plötzlich nahm der Belgier Tempo raus, und sagte mir: wir schaffen es nicht (unter 60 Std.). Daraufhin wurden die Ukrainer wach, erhofften sie sich noch eine Chance, weil sie um 16:30 Uhr starteten, im Gegensatz zum Belgier, der mit der 1. Startgruppe um 16 Uhr los fuhr. Also ging die Raserei weiter bis ins Ziel, auch die Ukrainer verpaßten die unter 60 Std. Marke um wenige Minuten. Mir war die Zeit inzwischen so was von egal, ich war nur noch froh endlich da zu sein. Ich humpelte ins Radstadion, um meinen letzten Kontrollstempel zu tätigen. 60:16 Std./Min. war meine Zeit, viel besser als ich dachte, besonders unter den veränderten Bedingungen der Versorgung. Da ich ja So nachmittag starten wollte, musste ich die Strecke in mindestens 80 Stunden schaffen (ansonsten 90 Std.). Mein ersten Ziel war natürlich zu finishen. Zeitlich erhoffte ich unter 70 Stunden zu bleiben. Der Belgier gab mir noch ein Bier aus, vielleicht auch weil ich mich für Mitfahrt bei ihm herzlich bedankte. Ohne seine Hilfe hätte ich mindestens eine halbe Stunde länger gebraucht. 4.Teil folgt

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